Der MTZ®-Award for Systems Medicine 2024 fördert das Thema: "Die Systembiologie als d i e wesentliche Grundlagenforschung für eine (System) Medizin, die KI gestützt in der klinischen Anwendung eine individuell abgestimmte Krankheitsbekämpfung erlaubt"
Grußwort von Frau Bundesministerin für Bildung und Forschung Bettina Stark-Watzinger vom 02.April 2024 anlässlich ihrer Schirmherrschaft über den MTZ-Award for Systems Medicine 2024
(Bildnachweis: Bundesregierung / Guido Bergmann)
"Liebe Leserinnen und Leser,
der Satz vom Ganzen, das mehr ist als die Summe seiner Teile, passt bei der Systemmedizin besonders. So viele Wechselwirkungen gilt es noch zu erforschen: von komplexen Einflüssen auf Krankheiten, sei es etwa Genetik oder Umwelt, bis hin zu maßgeschneiderten Ansätzen für Diagnostik, Prävention und Therapie. Denken wir nur an Krebs, Diabetes oder Herzinfarkt. Große Mengen an Daten dafür auszuwerten und Ergebnisse zu kombinieren, hilft dabei. Das macht die Systemmedizin als vergleichsweise junge Disziplin zu einer großen Chance auf gesundes Leben bis ins hohe Alter.
Sie, liebe Preisträgerinnen und Preisträger, haben diese Chance als Ihre gesehen und ergriffen. Meinen herzlichen Glückwunsch! Ihre interdisziplinäre Arbeit an der Schnittstelle von biomedizinischer Forschung und Computermodellierung hatte in den Augen des Gutachtergremiums herausragendes Potential.
Meine Bitte lautet in jedem Fall: Bleiben Sie dran, an Ihrem Fachgebiet und an Ihren Ambitionen. Denn wir brauchen dringend gut ausgebildeten Nachwuchs, der sich für Medizin und die sogenannten MINT-Fächer – Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften Technik – gleichermaßen begeistert und Innovationen auf den Weg bringt. Betrachten Sie diesen Preis als Rückenwind, der Sie weit tragen kann.
Einmal mehr gilt mein Dank der MTZ-Stiftung und insbesondere Ihnen, liebe Frau Zimmermann und lieber Herr Zimmermann, dass Sie Bestleistungen in der Systemmedizin auszeichnen. Damit ermuntern Sie auch zu neuen Anstrengungen. Und das seit nun 15 Jahren.
Motivation ist bekanntlich einer der wichtigsten Faktoren, die wir in der Wissenschaft haben. Die Patientinnen und Patienten profitieren davon. In diesem Sinne, liebe Erstplatzierte: Für Ihre weitere Forschung viel Erfolg!"
Bettina Stark-Watzinger
Mitglied des Deutschen Bundestages
Bundesministerin für Bildung und Forschung
Der MTZ®-Award for Systems Medicine wird unter dem neuen Namen im Jahr 2024 zum zweiten Mal ausgelobt, findet sich aber in der erfolgreichen Reihe des MTZ Award for Medical Systems Biology wieder, der erstmals auf der SBMC 2008 am 23.05.2008 im Kulturpalast Dresden verliehen wurde. Es war die erste Preisverleihung eines Nationalen Nachwuchs-Förderpreises auf dem Gebiet der medizinisch orientierten Systembiologie in Europa und der Preis ist seit 2008 an 21 exzellente Preisträgerinnen und Preisträger vergeben worden. Der MTZ®-Award for Systems Medicine wurde unter dem neuen Namen im Jahr 2022 zum ersten Mal an 3 exzellente Preisträger vergeben.
Der MTZ®-Award for Systems Medicine ist der Nationale Nachwuchs-Förderpreis für herausragende Dissertationsarbeiten junger Nachwuchswissenschaftler/-innen auf dem Gebiet der systemorientierten Gesundheitsforschung, den die MTZstiftung in enger fachlicher Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und dem Projektträger Jülich (PtJ) auslobt und alle zwei Jahre auf einer internationalen Konferenz, voraussichtlich auf der Conference on Systems Biology of Mammalian Cells (SBMC) vergeben wird.
Die Systembiologie, mittels der komplexe, miteinander vernetzte biologische Phänomene in Zellen, Geweben und Organismen enträtselt und in realitätsnahe Computermodelle übertragen werden, bleibt als Grundlagenforschung immens wichtig für eine zukünftige Systemmedizin. Es geht um die Frage, wie komplexe biologische Systeme mit ihrer Vernetzung von Teilprozessen funktionieren können. Nur so können die Regulation und Kontrolle biologischer Systeme, deren Steuerbarkeit und Systemverhalten verstanden und weiter enträtselt werden. Mediziner, Biologen, Bioinformatiker und Naturwissenschaftler weiterer Fachrichtungen arbeiten interdisziplinär zusammen. Die gewonnenen Modelle erlauben es, Strategien und weitergehende Hypothesen experimentell direkt zu simulieren. Diese Simulationen ersetzen immer öfter langwierige Experimente mit Zellgeweben im Labor (auch Tierversuche) und tragen zu schnelleren und effektiveren Forschungsergebnissen bei – d i e neue Dimension der lebenswissenschaftlichen Grundlagenforschung.
So verbreitert sich das Wissen über die Funktionen von komplexen biologischen Systemen und versetzt die Wissenschaft zunehmend in die Lage, Fehlfunktionen - sehr detailliert - als Ursache für die Entstehung von schweren Krankheiten auszumachen. Der Systembiologie ist es zu verdanken, die Tumorbiologie mit den für jeden Tumor typischen proteomischen* und morphologischen* Merkmalen zu verstehen, ein weiterhin laufender dynamischer Erkenntnisgewinn. Gleiches gilt auch für die systembiologische Erforschung des jeweiligen Genotyps* bei Diabeteserkrankungen. Ergebnis der letzten Jahre ist die Fokussierung auf die Entwicklung von Tumor-und Biomarker, die zur Diagnose im gegenwärtigen klinischen Alltag eingesetzt werden. Diese sind therapierelevant und somit auch Grundlage für die Entwicklung von Medikamenten und Impfstoffen.
Genotyp*:
proteomisch* Gesamtheit aller Proteine(Eiweiße)
morphologisch* Zellstruktur in der medizinischen Bildgebung, mittlerweile umgesetzt in multiplex hochauflösenden Fluoreszenzbildern (auch 3D)
Spitzenforschung bleibt nicht stehen und entwickelt sich angesichts von innovativer IT-Technik und großer Datenmengen – „Big Data in der Medizin“ – immer weiter. Die Systembiologie und die mathematische Modellierung biologischer Systeme verfeinert sich zusehends. Intelligente Algorithmen leisten einen entscheidenden Beitrag, biologische Systeme mit klinischen digitalisierten Patientendaten zu verbinden. Die Systembiologie wird dabei immer mehr als d i e wesentliche Grundlagenforschung und somit Brücke für eine (System) Medizin erkannt, die KI gestützt in der klinischen Anwendung eine individuell abgestimmte Krankheitsbekämpfung erlaubt. Man spricht in der Wissenschaft diesbezüglich von translationalen Forschungsansätzen.
Erste entsprechende Algorithmen werden im Klinikalltag schon gegenwärtig erprobt und ermöglichen zukünftig spezifisch für jeden Menschen und zur richtigen Zeit maßgeschneiderte Diagnosemöglichkeiten, Behandlungsstrategien oder Präventionsansätze. Deep Learning, d.h. maschinelles Lernen in der Medizin, beispielsweise in der Krebsbehandlung deutscher Universitätskliniken: die KI erlernt den systembiologischen Genotyp* (siehe o.a. molekulare Informationen und medizinische Bildgebung) eines Tumors und in einem zweiten Schritt dessen Veränderung an Hand von den Behandlungsdaten vieler Patientinnen und Patienten. Dies ermöglicht zunächst eine verifizierte individuelle Diagnose und im weiteren Krankheitsverlauf eine präzise Behandlung unter Berücksichtigung des individuellen Krankheitsstadiums. Gerade im Hinblick auf viele unerwünschte Nebenwirkungen von Krebstherapien führt eine derartige Behandlungsoptimierung zu einer gesteigerten Lebensqualität.
Tumor-/ Biomarker (Signaturen) werden hierbei validiert oder initiieren neue Forschungsvorhaben zu ihrer innovativen Weiterentwicklung.
Dies und weitere Beispiele erleben Sie im MTZ-TV. Die Systemmedizin ist neuen Herausforderungen gewachsen, hin zu einer immer mehr auf den Patienten maßgeschneiderten/personalisierte Therapie – das ist unsere Vision von der Medizin der Z u k u n f t.
Der Brückenschlag von der medizinischen Systembiologie als Grundlagenforschung hin zu einer KI gestützten Systemmedizin mit ihren typisch translationalen Forschungsansätzen – diesen spannenden Weg beschreiten wir in 2024 und in den nächsten Jahren mit unserem langjährigen starken Partner, dem Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF). Davon zeugt die zweite Verleihung des nationalen MTZ®- Award for Systems Medicine 2024 (vormals MTZ®- Award for Medical Systems Biology) im Mai 2024 auf der internationalen Konferenz SBMC in Leipzig.
Ausgezeichnet werden die besten drei Dissertationen. Während der Fachkonferenz präsentieren die drei Preisträger/innen ihren Forschungsansatz dem breiten internationalen Fachpublikum.
Berücksichtigt werden ausschließlich Promotionsarbeiten, die im Rahmen von Fördermaßnahmen des BMBF auf dem Gebiet der Systembiologie/Systemmedizin entstanden sind. Hintergrund ist die Zukunftsstrategie Forschung und Innovation des BMBF, bei der öffentliche Fördergelder in Spitzentechnologien und technologieübergreifende Querschnittsmaßnahmen fließen. Ziel der Zukunftsstrategie Forschung und Innovation ist die stärkere Vernetzung von Wissenschaft und Forschung mit der Wirtschaft.
Es soll nicht nur geforscht werden, die Innovationen müssen auch verstärkt als Produkte, Dienstleistungen und Verfahren auf den Markt kommen.
Erleben Sie in den letzten vier Contentboxes herausragende Fälle der angewandten Medizinischen Systembiologie - u.a. auch Kooperation von MTZ-Awardees mit Unternehmen.
So hat Herr Prof. Dr.-Ing. Niels Grabe als wissenschaftlicher Leiter des Hamamatsu TISSUE IMAGING AND ANALYSIS CENTER den Episim Cell Modeller zur Modellierung von Zellstrukturen der Epidermis entwickelt.