Der MTZ®award 2010 - Bei Kindern mit angeborenem Immundefekt kann das Pfeiffer´sche Drüsenfieber Auslöser von schwerwiegenden Erkrankungen sein

Die MTZ®stiftung hat am 04.02.2010 den MTZ®award 2010 an Frau Dr.med.Kirsten Huck als Anerkennung für eine herausragende Publikation vergeben.
Es ist die erste Preisträgerin eines MTZ-Awards für einen Nachwuchswissenschaftler in der Geschichte der MTZstiftung.
Das Preisgeld i.H.v. 2.500 € soll es dem Preisträger u. a. ermöglichen, seine Forschungsarbeiten durch Aufbau- und Ergänzungsstudien sowie Praktika im Ausland zu fördern.

 

Kurzfassung des Forschungsansatzes:

Mädchen mit homozygoter Mutation der IL-2 induzierbaren T-Zell-Kinase entwickeln eine EBV-assoziierte Lymphoproliferation

Die Erstinfektion mit dem Epstein-Barr-Virus (EBV) kann unter dem Bild eines Pfeiffer´schen Drüsenfiebers verlaufen, mit den uncharakteristischen Symptomen eines viralen Infektes einhergehen oder völlig asymptomatisch erfolgen. Über 90% der erwachsenen Weltbevölkerung sind mit dem Epstein-Barr-Virus infiziert und beherbergen das Virus lebenslang asymptomatisch in ihren B-Lymphozyten, einer Untergruppe der weißen Blutzellen. Voraussetzung dafür ist ein intaktes Immunsystem mit regelrechter, fein abgestimmter Immunantwort gegenüber EBV. Insbesondere bei Patienten mit angeborenem Immundefekt mit beeinträchtigter T-Lymphozyten-Funktion sowie unter Therapie mit immunsuppressiven Medikamenten oder nach Knochenmarktransplantation ist EBV jedoch als Auslöser von schwerwiegenden Erkrankungen des blutbildenden Systems, sog. lymphoproliferativen Erkrankungen und Lymphomen, bekannt. Selten fallen auch zuvor scheinbar gesunde Kinder durch eine schwere Immundysregulation nach EBV-Infektion auf mit der Folge einer EBV-positiven Lymphoproliferation (z.B. atypische B-Zell-Proliferationen, lymphomatoide Granulomatose, Hodgkin- und Non-Hodgkin-Lymphome). Eine gut charakterisierte genetische Immundefekt-Erkrankung mit selektiver Abwehrschwäche gegenüber EBV ist die „X-linked lymphoproliferative disease“ (XLP), die ohne Knochenmarktransplantation meist tödlich verläuft. Sie wird in der Mehrzahl der Fälle durch Defekte in einem von zwei auf dem X-Chromosom lokalisierten Genen (SAP und XIAP) ausgelöst, so dass in der Regel nur männliche Patienten erkranken.
In unserer Klinik wurden 2 Schwestern behandelt, die unter einer XLP–ähnlichen Erkrankung litten und im Verlauf beide an der EBV-assoziierten Lymphoproliferation verstarben. Dies legte den Verdacht auf eine autosomal-rezessive genetische Erkrankung in der Familie nahe. Mittels einer genomweiten Kopplungs-Analyse – einem molekulargenetischen Verfahren zur Lokalisation krankheitsauslösender Gene- an insgesamt 8 Familienmitgliedern und anschließender Untersuchung möglicher Kandidatengene konnten wir bei beiden betroffenen Schwestern eine Veränderung – eine homozygote Mutation - im Gen für die IL-2 induzierbare T-Zell-Kinase (ITK) auf Chromosom 5 identifizieren. Die Mutation führt zum Austausch einer Aminosäure in der SH2-Domäne des ITK-Proteins. Wir fanden Hinweise darauf, dass das so veränderte Protein instabil und damit nicht funktionsfähig. Aus Mausmodellen ist bekannt, das ITK essentiell ist für eine regelrechte Differenzierung und Funktion verschiedener T-Zell-Untergruppen. ITK ist Teil einer Signalkaskade, die in Gang gesetzt wird, wenn die T-Zelle über ihren T-Zell-Rezeptor stimuliert wird. Ein unmittelbares Resultat dieser Kaskade ist die Freisetzung von Calcium in der T-Zelle. Die Calcium-Freisetzung aus dem endoplasmatischen Retikulum nach T-Zell-Rezeptorstimulation ist bei den Schwestern deutlich eingeschränkt. In Analogie zum ITK-defizienten Mausmodell zeigen die Patienten charakteristische Verschiebungen im T-Zell-Untergruppenprofil. Der ITK-Defekt stellt somit einen neuen autosomal-rezessiv vererbten Immundefekt mit T-Zell-Funktionsstörung und Prädisposition für eine Immundysregulation nach EBV-Infektion dar. Im Augenblick arbeiten wir an der Identifizierung weiterer Patienten mit diesem seltenen Krankheitsbild, um die Erkrankung sowohl klinisch als auch immunologisch anhand einer größeren Patientengruppe weiter charakterisieren zu können.
(Quelle: Frau Dr. med.Kirsten Huck, Februar 2010)