Die Preisverleihung des MTZ-Awards for Systems Medicine 2024

Der MTZ®-Award for Systems Medicine ist der Deutsche Nachwuchs-Förderpreis für herausragende Dissertationsarbeiten junger Nachwuchswissenschaftler/-innen auf dem Gebiet der Medizinischen Systembiologie/Systemmedizin, den die MTZstiftung in Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und dem Projektträger Jülich (PtJ) auslobt und der auf der Conference on Systems Biology of Mammalian Cells (SBMC) 2024, die vom 13.05. bis 15.05.2024 in Leipzig im Paulinum stattfand, vergeben wurde. Es war nach der historischen ersten Preisverleihung 2008 die neunte Preisverleihung des Deutschen Nachwuchs-Förderpreises auf dem Gebiet der Medizinischen Systembiologie in Europa.

Grußwort von Frau Bundesministerin für Bildung und Forschung Bettina Stark-Watzinger vom 02.April 2024 anlässlich ihrer Schirmherrschaft über den MTZ-Award for Systems Medicine 2024

(Bildnachweis: Bundesregierung / Guido Bergmann)

"Liebe Leserinnen und Leser,
der Satz vom Ganzen, das mehr ist als die Summe seiner Teile, passt bei der Systemmedizin besonders. So viele Wechselwirkungen gilt es noch zu erforschen: von komplexen Einflüssen auf Krankheiten, sei es etwa Genetik oder Umwelt, bis hin zu maßgeschneiderten Ansätzen für Diagnostik, Prävention und Therapie. Denken wir nur an Krebs, Diabetes oder Herzinfarkt. Große Mengen an Daten dafür auszuwerten und Ergebnisse zu kombinieren, hilft dabei. Das macht die Systemmedizin als vergleichsweise junge Disziplin zu einer großen Chance auf gesundes Leben bis ins hohe Alter.
Sie, liebe Preisträgerinnen und Preisträger, haben diese Chance als Ihre gesehen und ergriffen. Meinen herzlichen Glückwunsch! Ihre interdisziplinäre Arbeit an der Schnittstelle von biomedizinischer Forschung und Computermodellierung hatte in den Augen des Gutachtergremiums herausragendes Potential.
Meine Bitte lautet in jedem Fall: Bleiben Sie dran, an Ihrem Fachgebiet und an Ihren Ambitionen. Denn wir brauchen dringend gut ausgebildeten Nachwuchs, der sich für Medizin und die sogenannten MINT-Fächer – Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften Technik – gleichermaßen begeistert und Innovationen auf den Weg bringt. Betrachten Sie diesen Preis als Rückenwind, der Sie weit tragen kann.
Einmal mehr gilt mein Dank der MTZ-Stiftung und insbesondere Ihnen, liebe Frau Zimmermann und lieber Herr Zimmermann, dass Sie Bestleistungen in der Systemmedizin auszeichnen. Damit ermuntern Sie auch zu neuen Anstrengungen. Und das seit nun 15 Jahren.
Motivation ist bekanntlich einer der wichtigsten Faktoren, die wir in der Wissenschaft haben. Die Patientinnen und Patienten profitieren davon. In diesem Sinne, liebe Erstplatzierte: Für Ihre weitere Forschung viel Erfolg!"

 

Bettina Stark-Watzinger
Mitglied des Deutschen Bundestages
Bundesministerin für Bildung und Forschung

Kurzzusammenfassung der prämierten Forschungsansätze

Frau Dr. rer.nat. Anne-Marie Rickmann:

Meine Dissertation beleuchtet die essenzielle Rolle der Bildsegmentierung innerhalb der medizinischen Bildverarbeitung – ein kritischer Schritt zur Unterstützung von Diagnose, Prognose und Behandlungsplanung einer Vielzahl medizinischer Zustände. Bildsegmentierung ermöglicht fundamentale Anwendungen wie die Volumetrie von Organen oder die Überwachung pathologischer Veränderungen und Tumoren. Besonders hervorzuheben ist ihre Bedeutung für die Diagnostik und das Monitoring neurodegenerativer Krankheiten wie Alzheimer, wo die Segmentierung die Bestimmung entscheidender Biomarker, darunter das Volumen des Hippocampus und die kortikale Dicke, ermöglicht.
Obwohl automatisierte Werkzeuge verfügbar sind, erweist sich die Bildsegmentierung oft als zeit- und arbeitsintensiver Prozess, der spezialisiertes Fachwissen verlangt. Meine Forschung unterstreicht die wachsende Relevanz von Deep-Learning-Algorithmen in der medizinischen Bildanalyse. Durch ihre Kapazität, komplexe Berechnungen effizient und rasch durchzuführen, haben Deep-Learning-Methoden das Potential, die klinische Praxis grundlegend zu transformieren.
Ausgehend von einem interdisziplinären Ansatz, der Informatik, Künstliche Intelligenz und Medizin – insbesondere die Radiologie und mit einem spezifischen Fokus auf die Neuroradiologie – vereint, konzentriert sich meine Arbeit auf zwei Hauptstrategien der Bildsegmentierung: die voxel-basierte und die oberflächenbasierte Segmentierung. Die voxelbasierte Segmentierung, die jedem Voxel eines Bildes ein spezifisches Label zuweist, wird in meiner Arbeit für die Segmentierung von Gehirngewebe und abdominalen Organen angewandt. Im Gegensatz dazu beschäftigt sich die oberflächenbasierte Segmentierung mit der Rekonstruktion und Segmentierung von Oberflächen, beispielsweise den kortikalen Oberflächen aus Gehirn-MRT-Bildern.
In meiner Dissertation stelle ich mehrere innovative Deep-Learning-Ansätze vor, die spezifische Herausforderungen dieser beiden Segmentierungsmethoden adressieren. Dies umfasst die Entwicklung robuster Algorithmen zur Verbesserung der Genauigkeit von 3D-Segmentierungsmodellen, die Anpassung an verschiedene Domänen und den Umgang mit limitierten Datensätzen. Ein besonderer Fokus liegt auf Methoden zur Domain Adaptation, die für die Übertragung allgemeiner Daten auf individuelle Fälle in der Systemmedizin von großer Bedeutung sind.
(Textnachweis: Anne-Marie Rickmann 17.06.2024)

Dr. rer.nat. Simon Syga:

Simon Syga hat in seiner Dissertation eine neue mathematische Methode entwickelt, um die Entwicklung von Tumoren besser zu verstehen. Tumore bestehen aus verschiedenartigen Zellen, die sich genetisch und in ihrem Verhalten (phänotypisch) unterscheiden. Dies hat Einfluss auf ihr Wachstum und ihre Reaktion auf Therapien. Im Fachjargon spricht man daher von Tumorheterogenität. Syga hat ein neues mathematisches Modell entwickelt, das die individuellen Eigenschaften der Zellen berücksichtigt und realistisch simuliert. Mit diesem Modell konnte Syga zeigen, dass sich Tumore in unterschiedlichen Umgebungen verschiedenartig entwickeln und wie diese Entwicklung das Wachstum und die Ausbreitung des Tumors beeinflusst. Diese Erkenntnisse könnten helfen, neue Ansätze für die Krebstherapie zu entwickeln.
„Es ist äußerst schwierig, diese mikroskopisch kleinen Prozesse, die für die Entwicklung von Tumoren entscheidend sind, über lange Zeiträume hinweg zu beobachten. Mathematische Modelle, wie das von mir entwickelte, ermöglichen es, biologische Hypothesen zu überprüfen, relevante Szenarien zu simulieren und daraufhin Krebsbehandlungen zu optimieren“, erläutert Syga.
(Textnachweis: Technische Universität Dresden 22.05.2024)