Die Preisverleihung des MTZ-Awards for Medical Systems Biology 2020 postponed
Der MTZ®-Award for Medical Systems Biology ist der Deutsche Nachwuchs-Förderpreis für herausragende Dissertationsarbeiten junger Nachwuchswissenschaftler/-innen auf dem Gebiet der Medizinischen Systembiologie/Systemmedizin, den die MTZstiftung in Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und dem Projektträger Jülich (PtJ) auslobt und der diesmal CORONA-bedingt digital per ZOOM auf dem virtuellen Meeting des „Netzwerkes Systemmedizin der Leber (LiSyM)“ am 10.Mai 2021 vergeben wurde. Es war nach der historischen ersten Preisverleihung 2008 die siebte Preisverleihung des Deutschen Nachwuchs-Förderpreises auf dem Gebiet der Medizinischen Systembiologie in Europa.
Grußwort von Frau Bundesministerin für Bildung und Forschung Anja Karliczek vom 21.April 2021 anlässlich ihrer Schirmherrschaft über den MTZ-Award for Medical Systems Biology 2020
(Bildnachweis: Bundesregierung / Laurence Chaperon)
"Die Gesundheitsforschung hat in den vergangenen Jahrzehnten große Fortschritte erzielt. Selbst bei schweren Erkrankungen wie Krebs können Patientinnen und Patienten inzwischen in vielen Fällen erfolgreich behandelt werden. Dennoch ist Krebs weiter die zweithäufigste Todesursache in Deutschland. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) hat deshalb vor zwei Jahren gemeinsam mit dem Bundesministerium für Gesundheit und weiteren Partnern die Nationale Dekade gegen Krebs ausgerufen. Ziel unserer gemeinsamen Anstrengung ist es, die Krebsforschung zu stärken, die Heilungschancen weiter zu verbessern und den Patientinnen und Patienten ein besseres Leben zu ermöglichen.
Die Systembiologie und besonders ihre Weiterentwicklung zur Systemmedizin leistet dazu einen wichtigen Beitrag. Die Kombination aus Experiment und mathematischer Modellierung erlaubt neue Vorhersagen und innovative Ansätze für Prävention und Therapie. Gerade bei komplexen Krankheiten wie Krebs können so Forscherinnen und Forscher neue Durchbrüche erzielen. Wir fördern die Systembiologie in Deutschland daher seit mehr als fünfzehn Jahren.
In der Nationalen Dekade gegen Krebs startet im Sommer 2021 das systemmedizinische Forschungsnetz zur Früherkennung und Prävention von Leberkrebs „LiSyM-Krebs“. Das von uns geförderte Netzwerk baut auf den erfolgreichen Forschungsaktivitäten der BMBF-Vorgängerprogramme „HepatoSys“, „Die Virtuelle Leber“ und „LiSyM“ auf. Mit Hilfe systembiologischer Methoden haben diese Programme einen wichtigen Beitrag dazu geleistet, verschiedene Prozesse der gesunden und kranken Leber zu erklären. Dabei stand die Ausbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses immer im Vordergrund.
Liebes Ehepaar Zimmermann, mit Ihrer MTZ-Stiftung setzen Sie sich dafür ein, besondere Leistungen junger Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zu würdigen – und das schon seitdem die Systembiologie gefördert wird. Für Ihr jahrelanges und außergewöhnliches Engagement haben Sie die Verdienstmedaille des Verdienstkreuzes der Bundesrepublik Deutschland im Juli 2020 erhalten. Dazu gratuliere ich Ihnen von ganzem Herzen. Vielen Dank für Ihren Einsatz.
Nun werden bereits zum siebten Mal drei junge Systembiologinnen und Systembiologen mit dem MTZ-Award for Medical Systems Biology ausgezeichnet, die herausragende Doktorarbeiten geschrieben haben. Die Schirmherrschaft für diese Auszeichnung übernehme ich wieder mit Freude. Ich gratuliere den Preisträgerinnen und Preisträgern herzlich und wünschen ihnen viel Erfolg – zumal in den vergangenen Jahren deutlich geworden ist, dass diese Auszeichnung häufig zusammenfällt mit dem Beginn einer vielversprechenden internationalen Karriere an exzellenten Universitäten oder Forschungsinstitutionen.
Das ist ein toller Erfolg für die gesamte Forschungsgemeinschaft. Ich hoffe, dass die MTZ-Stiftung ihre Arbeit noch lange mit Enthusiasmus und Engagement fortsetzt. Der wissenschaftliche Nachwuchs hat es verdient."
Anja Karliczek
Mitglied des Deutschen Bundestages
Bundesministerin für Bildung und Forschung
Kurzzusammenfassung der prämierten Forschungsansätze
Dr. rer.nat. Fabian Fröhlich:
Die Systembiologie strebt ein holistisches Verständnis von zellulären Systemen an. Ein einschlägiger Ansatz dieses holistische Verständnis zu erlangen, ist die Modellierung der zugrundeliegenden biochemischen Prozesse mittels Differenzialgleichungen. In meiner Dissertation habe ich innovative und skalierbare Methoden für die Simulation und Parameterschätzung von umfangreichen und detailgenauen Modellen entwickelt. Dies ermöglicht die Betrachtung von individualisierbaren mathematischen Modellen und ebnet somit den Weg zu einer personalisierte Systemmedizin.
Dr. rer.nat. Carolin Loos:
Mathematische Modelle, die eine Untersuchung von dynamischen biologischen Prozessen ermöglichen, haben sich als essentielles Werkzeug der Systembiologie erwiesen. Modellparameter, wie zum Beispiel kinetische Ratenkonstanten oder Parameter für das Messrauschen, können allerdings oft nicht direkt gemessen werden und müssen aus experimentellen Daten geschätzt werden. In meiner Dissertation habe ich Konzepte und Methoden entwickelt, die eine robuste und recheneffiziente Kalibrierung von komplexen Modellen ermöglichen. Die Anwendung dieser Methoden auf experimentelle Daten ermöglicht ein tiefer gehendes Verständnis von und neue Einblicke in biologische und medizinisch relevante Systeme.
Dr.-Ing. Martin Scharm:
Die Modellierung und Simulation biologischer Systeme mit Hilfe des Computers gehört inzwischen zum Standardrepertoire in den Lebenswissenschaften. Ein Modell wird dabei jedoch nicht immer von einem einzelnen Wissenschaftler entwickelt, sondern entsteht oft in Zusammenarbeit von Forschern aus einem interdisziplinären Umfeld und basiert häufig auf existierenden Modellen. Diese verteilte Entwicklung von verhältnismäßig komplexen Simulationsstudien birgt eine große Zahl an informationstechnischen Herausforderungen: (i) Die Modelle müssen verwaltet werden; (ii) die Reproduzierbarkeit, Stabilität und Gültigkeit von Simulationsstudien und daraus resultierenden Ergebnissen muss sichergestellt werden; und (iii) die Kommunikation zwischen Kollaborationspartnern muss verbessert werden.
In dieser Arbeit stelle ich verschiedene Techniken vor, um die Reproduzierbarkeit und Wiederverwendbarkeit von Modellierungsergebnissen in den Lebenswissenschaften zu verbessern. Ich führe zunächst eine Methode ein, mit der Unterschiede zwischen Modellversionen erkannt und charakterisiert werden können. Das daraus resultierende, transparente Verständnis der Evolution eines Modells hilft Änderungen, die beispielsweise von Kollegen und Kuratoren vorgenommen werden, besser zu verstehen.
Außerdem zeige ich verschiedene Ansätze, die der besseren Verbreitung von wissenschaftlichen Ergebnissen dienen. Die Reproduzierbarkeit von diesen, oft heterogenen und komplexen, Daten kann mit Hilfe eines innovativen Speicherformats deutlich vereinfacht werden. Ich stelle verschiedene Methoden und Werkzeuge vor, mit denen reproduzierbare Simulationsstudien erstellt, geteilt und gefunden werden können.
Die Lösungen, die ich im Rahmen dieser Arbeit entwickelt habe, existieren dabei nicht nur in der Theorie. Ich konnte viele meiner Ideen in Code gießen. Meine Implementierungen wurden darüber hinaus erfolgreich in andere Anwendungen integriert. Die hier beschriebenen Konzepte fördern das Teilen und Wiederverwenden von wissenschaftlichen Ergebnissen.
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