Der Preis, gefördert durch die MTZ®stiftung, richtet sich an Wissenschaftler:innen im Forschungsbereich Helmholtz Health, die auf dem Gebiet der medizinisch orientierten Systembiologie oder Systemmedizin tätig sind. Er dient als Anerkennung für heraus-ragende wissenschaftliche Leistungen in der wissenschaftlichen Aufbauphase und soll die Preisträger:innen darin unterstützen und anspornen, ihre wissenschaftliche Lauf-bahn im Bereich Systembiologie/Systemmedizin weiterzuverfolgen.
Die Nominierten sollten herausragende wissenschaftliche Arbeiten und anspruchsvolle Veröffentlichungen in hochrangigen internationalen Zeitschriften oder ähnlichen Formaten vorweisen können. Eine Voraussetzung ist ihre Forschungstätigkeit im Bereich medizinisch orientierter Systembiologie oder Systemmedizin, vorzugsweise mit klinischem Anwendungspotenzial für innovative Präventions-, Erkennungs- oder Behandlungsverfahren von Krankheiten .
Der Preis würdigt nicht nur die Dissertation, sondern erfordert auch, dass die Nominierten in der frühen Post-Doc-Phase bereits in der Fachcommunity mit ihren Forschungsergebnissen hervorgetreten sind und zukünftig weitere wissenschaftliche Spitzenleistungen erwartet werden können.
Die Kandidat:innen müssen zum Zeitpunkt der Nominierung an einem der im Forschungsbereich Helmholtz Health tätigen Zentren angestellt sein.
Am 29.04.2024 wurde der MTZ-Helmholtz Health Award 2024 unter der Schirmherrschaft des Präsidenten der Helmholtz-Gemeinschaft Herrn Prof. Dr. Dr. Otmar D. Wiestler in der Geschäftsstelle in Berlin feierlich an Frau Dr. rer.nat. Maike Becker verliehen. Unser Dank gilt besonders auch dem Team Frau Dr. Korinna Strobel, Frau Martina Carnott, Frau Lia Lang und Frau Anne Einhäupl (im Bild oben von links, Bild: MTZstiftung) für die sehr freundliche Unterstützung bei der Vorbereitung der Preiszeremonie.
Nicht vergessen möchten wir an dieser Stelle unsere herzlichsten Glückwünsche an die neuen Preisträger:innen des renommierten Helmholtz-Promotionspreises. Bei Helmholtz forschen knapp 9.000 Doktorandinnen und Doktoranden. Elf von ihnen wurden jetzt ausgezeichnet. Mit dem Promotionspreis würdigt Helmholtz jedes Jahr die besten und originellsten Doktorarbeiten.
Zum Forschungsansatz von Frau Dr. rer.nat. Maike Becker
Die Zahl der Stoffwechselerkrankungen, wie beispielsweise Diabetes mellitus, nimmt weltweit dramatisch zu. Eine Schlüsselrolle bei der Entstehung solcher Erkrankungen spielt das komplexe Zusammenspiel zwischen Immunzellen und Geweben, das bei der chronischen Entzündung im Rahmen von Übergewicht und Typ 2 Diabetes aus dem Lot gerät. Die Systemmedizin und Systembiologie bieten hier einen vielversprechenden Ansatz, um diese komplexen Interaktionen auf verschiedenen biologischen Ebenen ganzheitlich zu verstehen. Kürzlich wurde entdeckt, dass Teile des Immunsystems, neben ihrer klassischen Funktion in der Immunabwehr, auch eine entscheidende Rolle bei der Aufrechterhaltung der Gewebshomöostase und -regeneration spielen. Maike Beckers Forschung ist in diesem Gebiet führend, das in jüngster Zeit zunehmend an Bedeutung gewonnen hat. Ein besseres Verständnis der Interaktionen zwischen Immunsystem und Stoffwechsel wird für die Entwicklung von Präzisionsmedikamenten im Kampf gegen Diabetes entscheidend sein.
Das Ziel der Forscherin ist es, sogenannte regulatorische T-Zellen zu modulieren, die nicht nur Entzündungsprozesse, sondern auch die Gewebefunktion und -regeneration regulieren. Die regulatorischen T Zellen werden oft als die Blauhelmsoldaten des Immunsystems bezeichnet. Sie tragen entscheidend dazu bei, aktivierte Immunzellen im Verlauf einer Immunreaktion unter Kontrolle zu halten um so überschießende, fehlgeleitete Reaktionen zu verhindern. Die promovierte Biochemikerin konzentriert sich hierbei auf einen Ansatz, der einerseits auf ein besseres Verständnis der grundlegenden Rolle und genauen Funktionsweise der regulatorischen T-Zellen in Stoffwechselgeweben abzielt und andererseits auf deren gezielte Modulation mittels Wirkstoff-Screenings. Hier kommen systembiologische Methoden wie Hochdurchsatz-Screenings und -Analysen zum Einsatz, um potenzielle Moleküle zu identifizieren, die die Aktivität dieser Zellen steuern können. So wurde beispielsweise eine Bibliothek mit 25.000 Molekülen auf ihre Fähigkeit, regulatorische T Zellen in vitro zu induzieren, gescreent. Am Ende blieben 48 initiale Treffer übrig, von denen nach einer weiteren Selektionsrunde acht vielversprechende Moleküle genauer unter die Lupe genommen wurden, um den bestmöglichen Kandidaten für weitere Optimierungen auszuwählen.
Ein besseres Verständnis der Eigenschaften von gewebsansässigen regulatorischen T-Zellen umfasst beispielsweise die Identifikation von Oberflächenmolekülen und Rezeptoren, die für ihre korrekte Funktionsweise entscheidend sind. Hierbei spielen systemmedizinische Modelle eine entscheidende Rolle, da sie eine umfassende Sicht auf die Zellkommunikation und Signalwege im Gewebe bieten. Über diese Rezeptoren reagieren Immunzellen im Gewebe auf Veränderungen im lokalen Mikromilieu und äußere Einflüsse wie (kalte) Temperaturen oder sportliche Betätigung. In diesem Zusammenhang unterstützen regulatorische T-Zellen beispielsweise das Fettgewebe oder die Muskeln bei der Anpassung an die jeweiligen Herausforderungen.
Die Relevanz dieser Forschung erstreckt sich weit über das Verständnis von Stoffwechselerkrankungen hinaus. Da regulatorische T-Zellen eine Schlüsselrolle bei der Steuerung von Entzündungsprozessen und der Regeneration von Geweben spielen, könnten diese Erkenntnisse auch auf andere chronische Erkrankungen übertragen werden, bei denen das Immunsystem eine zentrale Rolle spielt. Die systemmedizinische Integration dieser Erkenntnisse könnte daher neue Wege in der Präzisionsmedizin eröffnen, indem maßgeschneiderte Therapien entwickelt werden, die auf die spezifischen Bedürfnisse der Immunzellen in Geweben eingehen und somit die Nebenwirkungen von Medikamenten verhindern oder reduzieren.
Angesichts der weltweit steigenden Zahlen von Diabetes und anderen Stoffwechselstörungen könnte Maike Beckers Forschung, besonders durch die Anwendung von Methoden der Systembiologie und Systemmedizin, einen entscheidenden Beitrag zur öffentlichen Gesundheit leisten und die Belastung durch chronische Krankheiten auf globaler Ebene signifikant verringern.